Schwefel und Wein
Seit 2005 besteht die Pflicht, Schwefel im Wein auf dem Etikett zu deklarieren, wenn der Wein über 10 mg/l SO2 enthält. Auf der Flasche findet sich dann der Hinweis "Enthält Sulfite". Dies gilt sowohl für konventionell als auch für biologisch erzeugte Weine.
Diese Kennzeichnung sorgt gelegentlich für Unsicherheit bei Weintrinkern. Fragen die oft gestellt werden, sind z.B.:
- Ist Schwefel im Wein ungesund?
- Bewirkt der Schwefel im Wein Kopfschmerzen?
- Warum wird auch Biowein geschwefelt?
- Warum wird Wein überhaupt geschwefelt?
- Gibt es auch ungeschwefelte bzw. schwefelfreie Weine?
Diese und weitere Fragen möchte ich gerne im Folgenden möglichst fundiert beantworten.
Es gibt keinen Wein ganz ohne Schwefel. Schwefeldioxid ist auch ein Nebenprodukt des Gärprozesses und wird durch die Hefen bei der Vergärung des Traubenmostes erzeugt. Allerdings in sehr geringen Mengen.
Zugesetzter Schwefel, bzw. Schwefeldioxid (SO2) fungiert im Wein als Konservierungsmittel. Durch die Zugabe von Schwefel wird die Oxidation des Weines unterbunden. Schwefeldioxid reagiert so bereitwillig mit Sauerstoff, dass jede andere Oxidation, also die Reaktion von anderen Inhaltsstoffen im Wein oder Most mit Sauerstoff unterbunden wird. Dadurch wird der Wein besser lagerfähig und behält nach dem Öffnen länger seine Charakteristik Zudem wirkt Schwefel antimikrobiell und enzymhemmend. Er unterbindet die Entwicklung ungewünschter Bakterien- und Hefestämme und verhindert dadurch Fehlgärungen, die den Weingeschmack und die Weinqualität beeinträchtigen.
Die Zugabe von SO2 unterliegt gesetzlichen Höchstwerten, die im abgefüllten Wein eingehalten werden müssen. Die gesetzlichen Grenzwerte für den SO2-Gehalt in konventionellen Weinen sind derzeit folgendermaßen festgelegt:
- 150 mg/L SO2 - in trockenen Rotweinen
- 200 mg/L SO2 - in Rotweinen >5 g/L Restzucker
- 200 mg/L SO2 - in anderen Weinen
- 250 mg/L SO2 - in anderen Weinen >5 g/L Restzucker
- 300 mg/L SO2 - in Spätlesen
- 350 mg/L SO2 - in Auslesen
- 400 mg/L SO2 - in Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen
Für Bioweine gelten seit der Ernte 2012 EU-weit folgende reduzierte Höchstwerte:
- 100 mg/L SO2 - in Bio-Rotweinen
- 120 mg/L SO2 - in Bio-Rotweinen >2 g/L Restzucker
- 150 mg/L SO2 - in Bio-Rotweinen >5 g/L Restzucker
- 150 mg/L SO2 - in Bio-Weiß- und Bio-Roséweinen
- 170 mg/L SO2 - in Bio-Weiß- und Bio-Roséweinen >2 g/L Restzucker
- 220 mg/L SO2 - in Bio-Weiß- und Bio-Roséweinen >5 g/L Restzucker
- Bei allen anderen Bio-Weinen sind die SO2-Grenzwerte um 30 mg/L abgesenkt.
Über die Schwefelung von Biowein ist in den letzten Jahren in der europäischen Union ein heftiger Streit ausgefochten worden. Dieser Streit hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Verabschiedung von verbindlichen Verarbeitungs- bzw. Keller-Richtlinien für die Bioweinerzeugung sich sehr lange verzögert haben und diese erst im Jahr 2012 verabschiedet werden konnten.
In Mitteleuropa bestand die Befürchtung, dass bei zu geringen Schwefel-Grenzwerten für Biowein das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, da eine flächenhafte Biowein-Produktion ohne Schwefelzugabe in diesen Klimaten nicht möglich ist. Letztlich würden bei zu geringen Schwefel-Grenzwerten vielfach Weine entstehen, die geschmacklich nicht den Erwartungen der Verbraucher entsprechen. In letzter Konsequenz würde dies zu einem starken Rückgang des Bioweinanbaus in Mitteleuropa führen.
Ja, den gibt es. Dieser Wein wird von ausgesprochenen Spezialisten erzeugt. Teilweise mit sehr hohem Aufwand bei der Traubenlese um wirklich jede faule Traube auszulesen. Vielfach wird den ungeschwefelten Weinen nachgesagt dass sie schlichtweg nicht schmecken. Dieses Argument ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, da es mittlerweile eine Vielzahl wirklich großartiger Bioweine ohne Schwefelzugabe gibt. Eine feine Auswahl finden Sie hier in meinem Weinladen.
Pauschal kann diese Frage zunächst einmal mit nein beantwortet werden. Bei der Verdauung von Nahrungsmitteln entstehen im Körper weitaus größere Mengen an SO2, z.B. beim Abbau von Proteinen, als mit Wein aufgenommen werden könnten. Insofern kann nicht pauschal von einer gesundheitlichen Gefahr durch die Aufnahme von Schwefel mit dem Wein ausgegangen werden.
Allerdings gibt es Menschen, die eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Schwefel bzw. gegenüber SO2 haben und teils heftig auf geschwefelte Weine reagieren. Die Ursache für diese Reaktion ist meines Wissens nach noch nicht aufgeklärt, aber ein eindeutiger Bezug zum Schwefel kann gezogen werden. Für diese Personengruppe kann also doch festgehalten werden, dass Schwefel im Wein ungesund ist.
Für alle andere Weinfreunde gilt wohl eher die Feststellung, dass der im Wein enthaltene Alkohol ganz sicher das stärkere "Gift" ist, der bei übermäßigem Konsum schädliche Wirkung entfaltet.
Bei dieser Frage gilt zunächst wieder das zuvor gesagte. Bei Weintrinkern ohne erhöhte Schwefel-Empfindlichkeit ist es nicht der Schwefel, der für gelegentlich auftretende Kopfschmerzen verantwortlich ist. Diese können einerseits aus überhöhtem Alkoholkonsum entstehen. Vielfach sollen aber auch andere Stoffe im Wein, die so genannten Histamine für Kopfschmerzen verantwortlich sein.
Bei Weinliebhabern mit erhöhter Schwefelempfindlichkeit, kann der Genuss geschwefelter Weine Kopfschmerzen und Übelkeit hervorrufen. Hier besteht nur die Alternative ungeschwefelte Bioweine zu trinken, wenn nicht ganz auf den Weingenuß verzichtet werden soll.
Schwefel kann zu verschiedenen Zeitpunkten im Laufe der Weinerzeugung eingesetzt werden. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten, die Schwefelzugabe zu reduzieren.
Schwefelung im Weinberg
Der Einsatz von Schwefel im Weinberg verfolgt ein anderes Ziel als der Schwefeleinsatz im Keller. Durch das Versprühen von Netzschwefel (elementarer Schwefel, fein gemahlen mit Zugabe eines Netzmittels) wird in erster Linie der echte Mehltau, eine wichtige Pilzkrankheit der Weinrebe bekämpft. Da diese Schwefelanwendung fast nichts mit dem SO2-Gehalt des Weines zu tun hat, wird dieses Thema an dieser Stelle nicht weiter behandelt.
Schwefeln im Maischestadium
Die Schwefelzugabe im Maischestadium verfolgt das Ziel Fehlgärungen zu verhindern bzw. Enzyme zu hemmen, die die Qualität des Weines nachteilig beeinflussen können.
Die Schwefelzugabe kann um so geringer ausfallen, je schneller und sauberer gearbeitet wird. Eine sehr strenge Auslese fauler Trauben sorgt dafür, dass die Gärung sauber abläuft und nicht steuernd eingegriffen werden muss. Durch die zügige Verarbeitung der Trauben nach der Lese werden Fehlgärungen und unerwünschte Abbauprozesse auf ein Minimum reduziert. Dies hilft, Schwefel zu sparen.
Anzumerken ist hier aber, dass unter mitteleuropäischen Bedingungen die Reduzierung oder gar der Verzicht auf den Schwefeleinsatz sehr viel schwieriger ist, als etwa unter mediterranen Bedingungen. Das liegt an der weniger stabilen mitteleuropäischen Witterung in der Weinlesezeit, die dazu führen kann, dass der Anteil fauler Trauben steigt und so der Schwefelbedarf erhöht ist.
Schwefeln nach der Gärung
Die Zugabe von Schwefel nach der Gärung hat das Ziel Substanzen zu neutralisieren, die sich geschmacklich sehr unschön bemerkbar machen, wie z.B. Acetaldehyd. Dieses kann bei Luftkontakt aus Alkohol und O2 entstehen.
Auch hier gilt: Schnelle und saubere Arbeit hilft, um weniger Probleme zu schaffen, die nachher durch mehr Schwefel behoben werden müssten.
Schwefeln vor der Abfüllung
Die Zugabe von Schwefel vor bzw. bei der Abfüllung des Weines in die Flasche verfolgt das Ziel, den Wein zu konservieren. Einerseits geht es um die Lagerfähigkeit des Weines und andererseits um die Stabilisierung des Weines nachdem er geöffnet wurde. Diese Schwefelzugabe ist auf den meisten Bio-Betrieben die einzige, die konsequent durchgeführt wird.