Histamin und Wein
Wer an Histaminintoleranz (HIT) leidet wird sofort wissen, was es mit dem Histamin im Wein auf sich hat. Andere Weinfreunde werden vielleicht eher nichts mit dem Begriff "Histamin" oder "histamingeprüfter Wein" anfangen können. Um das Thema allen Weinfreunden nahe zu bringen, folgen hier einige Erläuterungen zu den Hintergründen und Auswirkungen des Histamingehaltes im Wein.
Nicht zuletzt ist es unser Ziel, Weine anzubieten, die von den allermeisten Menschen mit Histaminintoleranz ohne Symptome vertragen werden. Gleichwohl ist die Reaktion auf einen Wein immer sehr individuell ausgeprägt, so dass es niemals ohne einen vorsichtigen Test geht, ob Sie den konkreten Wein vertragen. Alle Weine die in der Rubrik "Histamingeprüft" angeboten werden, zeichnen sich jedoch durch sehr niedrige Histaminwerte aus.
Folgende Fragen möchten wir hier gerne ausführlich beantworten:
- Was ist Histamin?"
- Was ist eine Histaminintoleranz (HIT) und wie äußert sich diese?
- Wie entsteht Histamin (im Wein) und wie kann der Winzer die Bildung von Histamin im Wein verhindern?
- Gibt es Weine mit geringen Histamingehalten oder sogar histaminfreie Weine?
- Wie wirken Weine bei Menschen mit Histaminintoleranz (HIT)?
- Warum steht die Angabe "histaminarm" oder "histaminfrei" nicht auf der Weinflasche?
Sollte Ihre Frage hier nicht beantwortet werden, kontaktieren Sie uns gerne und wir bemühen uns um eine schnellstmögliche Klärung!
Und noch eine Vorbemerkung: Diese Seite erhebt nicht den Anspruch einer medizinischen Abhandlung. Und ganz bestimmt soll sie nicht die Lust auf guten Wein und gutes Essen nehmen. Ganz im Gegenteil. Die Kenntnis der hier dargestellten Hintergründe soll es Menschen, die objektiv Beschwerden mit Histamin haben, leichter machen, für sich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dies ersetzt natürlich in keiner Weise Besuche beim Arzt.
Histamin wurde 1911 als chemische Substanz das erste Mal beschrieben und gehört zu den sogenannten biogenen Aminen, das ist eine Gruppe von organischen Substanzen, die aus Aminosäuren gebildet werden. Sie dienen im Körper als Vorstufe für die Bildung von Vitaminen oder Coenzymen und können auch selbst Wirkung entfalten.
Histamin wird vom Menschen aber auch von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen produziert. Insofern befindet es sich auch in fast jedem Lebensmittel in mehr oder weniger großer Menge und kann mit der Nahrung aufgenommen werden.
Histamin erfüllt im Körper wichtige Funktionen. So wirkt Histamin z.B. als Neurotransmitter, beeinflusst den Schlaf-Wach Rhythmus, wirkt Gefäß erweiternd und dadurch Blutdruck senkend, ist in die Wundheilung und die Regulation der Magensaftsekretion involviert. Es steuert den Appetit und wirkt in vielen weitern körperlichen Regulationsprozessen.
Der Körper verfügt über Mechanismen zum Schutz vor Histamin. Dabei ist insbesondere der Abbau des Histamin im Darm durch das Enzym Diaminoxydase (DAO) relevant. DAO sorgt dafür, dass sowohl körpereigenes als auch über die Nahrung aufgenommenes Histamin abgebaut wird und nicht über die Darmbarriere in den menschlichen Kreislauf gelangt.
Ist entweder die Menge des gebildeten und aufgenommenen Histamins größer als die Menge, die durch DAO im selben Zeitraum abgebaut werden kann oder ist das Enzym DAO gehemmt, kann Histamin nicht vollständig abgebaut werden und gelangt in den Kreislauf. Die Folge zeigt sich je nach Konzentration und Empfindlichkeit in allergieähnlichen Symptomen. Insbesondere die Hemmung der DAO, deren zu geringe Bildung oder eine übermäßige Histaminaufnahme sind meist Ursache für eine Histaminunverträglichkeit (HIT).
Der Histaminlevel im Körper kann auch kurzfristig ansteigen, etwa in Folge von Infektionskrankheiten, Stress oder körperlicher Anstrengung aber auch bei Hormonschwankungen. So ist auch zu erklären, dass die Empfindlichkeit gegenüber histaminhaltigen Produkten sehr stark schwankt. Wenn z.B. gerade Heuschnupfensaison ist, kann die Toleranz gegenüber dem zusätzlich aufgenommenen Histamin deutlich geringer sein.
HIT tritt also immer dann auf, wenn der Körper mit mehr Histamin belastet wird, als er abbauen kann. Die Quelle des Histamins ist dabei egal. Mit der Nahrung aufgenommenes Histamin und körpereigenes Histamin sind identsich und addieren sich.
Die HIT kann sich in vielfältigen Symptomen äußern, die von minderschwer bis sehr gravierend reichen können. Die am weitesten verbreiteten seien hier kurz genannt:
- starke bis sehr starke Kopfschmerzen
- laufende Nase
- Atemwegsbeschwerden (Asthma bronchiale)
- Hautschwellungen / Nesselfieber
Die Ausführungen machen deutlich, dass Menschen mit geringerer Histaminverträglichkeit darauf achten müssen, die Aufnahme des Histamin über die Nahrung zu begrenzen.
Histamine werden von den meisten Organismen in mehr oder weniger großer Menge erzeugt. Sowohl Mensch und Tier als auch Pflanzen und Mikroorganismen sind in der Lage, Histamin zu bilden. Nennenswerte Histamin-Konzentrationen in Nahrungsmitteln entstehen in aller Regel aber erst bei der Weiterverarbeitung der Nahrungsmittel oder bei deren Verderb.
Die Histaminentstehung bei der Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln basiert meistens auf der durchaus gewünschten Aktivität von Mirkroorganismen, wie z.B. bei der Reifung von Käse oder Hartwurst aber natürlich auch bei Wein. Das Histamin ist dabei quasi ein Beiprodukt der beteiligten Mikroorganismen.
Je länger die Reifezeit, umso höher ist meist auch der Histamingehalt. Wobei es natürlich immer an erster Stelle auf die beteiligten Mikroorgaismen ankommt. Denn nicht alle Arten bilden große Histaminmengen.
Im Wein gibt es mehrere Schritte in der Erzeugung im Weinkeller, die zu erhöhten Histaminweten führen können. Die (gesunden!) Weintrauben selbst enthalten fast keines oder überhaupt kein Histamin.
Es ist zwar nicht restlos geklärt, in welchem Schritt der Weinbereitung genau das Histamin in welchen Mengen entsteht. Aber da man in der Regel grob weiß, welche Bakterien-Arten an den Prozessen beteiligt sind, kann man relativ sichere Prognosen zur Histaminbildung im Wein abgeben.
Folgende wesentliche Histaminquellen in der Weinenstehung kommen in Betracht:
- Nicht optimales Traubenmaterial
- Lange Maischestandzeiten
- Alkoholische Gärung
- Biologischer Säureabbau
1. Nicht optimales Traubenmaterial
Wenn Traubenmaterial genutzt wird, das nicht gründlich ausgelesen ist , steigt die Gefahr von schädlichen Fehlgärungen oder anderen Mikrobiellen Prozessen, die schon früh in der Weinbereitung zu einer Histaminbelastung führen können.
Was kann der Winzer dagegen tun?
Ganz einfach - gesundes Traubenmaterial verwenden... das geschieht in aller Regel insbesondere durch eine selektive Handlese, bei der die Trauben oder Beeren, die erste Verderb-Anzeichen zeigen, entfernt werden. Sollte der Winzer maschinell ernten, ist eine strenge "Vorlese" erforderlich, bei der das nicht gewünschte Traubenmaterial vor der Erntemaschine abgeschnitten wird.
Im Anschluss ist sowohl bei Hand- als auch bei Maschinenlese eine rasche Weiterverarbeitung der Trauben erforderlich, da lange Stanzeiten nicht gewünschte Prozesse befördern.
2. Lange Maischestandzeiten
Das Thema Maischestandzeit trifft insbesondere auf den Rotwein zu und ist ein Aspekt, warum Rotweine oft höhere Histamingehalte haben als Weißweine.
Die Maischestandzeit ist die Zeit, die der Traubensaft in Kontakt mit den Beerenhäuten, Traubenkernen und z.T. Stielen verbringt, mit dem Ziel möglichst viele gewünschte Stoffe, wie z.B. Aroma- und Farbstoffe, aus den Schalen in den Wein zu befördern.
In diesem Zeitraum können sich bakterielle Prozesse einschleichen, die zu einem erhöhten Histamingehalt im späteren Wein führen können.
Was kann der Winzer dagegen tun?
Wann immer möglich zu lange Maischestandzeiten vermeiden bzw. auf das erforderliche Minimum begrenzen.
Hier hilft aber auch die Erfahrung des Winzers, welchen Trauben und Weinen er längere Standzeiten "zugestehen" kann, ohne gleichzeitig erhöhte Histamingehalte zu provozieren.
3. Alkoholische Gärung
Bei einer kontrollierten alkoholischen Gärung entsteht wenig Histamin.
Was kann der Winzer tun?
Im Sinne der Erzeugung histaminarmer Weine ist es am sinnvollsten, dass der Winzer Hefestämme zusetzt, die eine saubere und schnelle Gärung befördern. Zudem sollte die Gärung streng temperatur-kontrolliert ablaufen.
4. Biologischer Säureabbau (BSA)
Der biologische Säureabbau (BSA), auch malolaktische Gärung genannt (obwohl es eigentlich keine Gärung ist), hat das Ziel, die im Most oder Jungwein enthaltene Apfelsäure in die viel milder schmeckende Michsäure umzuwandeln.
Der BSA wird vorwiegend an Rotweinen durchgeführt, ist aber auch bei bestimmten Weißweinen üblich (z.B. oft bei Chardonnay). Der BSA ist ein bakterieller Prozess von Milchsäure-bakterien, der bei geeigneten Bedingungen spontan im Anschluss an die alkoholische Gärung eintritt, wenn er nicht gezielt unterbunden wird.
Bei unsachgemäßem Verlauf des BSA ist die Gefahr groß, dass Histamin und andere biogene Amine entstehen. Im BSA wird vielfach die wichtigste Quelle der Histaminentstehung im Wein gesehen.
Was kann der Winzer dagegen tun?
Hier ist auch wieder die Erfahrung des Winzers bei der Steuerung des sehr komplexen Prozesses des biologischen Säureabbaus gefragt. Zum einen betrifft das die zeitgerechte Beendung des BSA aber auch eine geeignete Temperaturführung.
Zudem kann der Winzer gezielt geeignete Milchsäurebakterien Stämme hinzugeben, die einen kontrollierten Ablauf des BSA mit minimaler Histaminentstehung gewährleisten.
Soweit die wichtigsten Quellen der Histaminentstehung in der Weinbereitung. Darüber hinaus sind alle Prozesse relevant, die unter bedenklichen hygienischen Bedingungen ablaufen. Alle Fäulnis- oder Verderb-Prozesse können das entstehen von Histamin ud anderen biogenen Aminen zusätzlich befürdern.
Als letzten Schritt kann der Winzer im Rahmen einer sogenannten Schönung des Weines ggf. vorhandenes Histamin noch entfernen. Dazu wird dem Wein ein Stoff zugesetzt, der aufgrund einer großen inneren Oberfläche Trübstoffe im Wein ganau so wie das Histamin binden kann. Im nächsten Schritt wird der Wein filtriert und so das Schönungsmittel und die von ihm gebuindenen Stoffe entfernt. Diese Maßnahme kann den Histamingehalt des Weines erheblich senken.
Als mögliche Schönungsstoffe sind eine Reihe tierischer Stoffe wie z.B. Gelatine zugelassen. Die meisten Winzer verwenden aber mittlerweile Bentonit. Das ist eine Tonerde, die den gewünschten Effekt erfüllt und den Vorteil hat, dass kein tierisches Produkt in den Wein gegeben werden muss.
Die Schönung ist ein rein physikalisches Verfahren, das gesundheitlich völlig unbedenklich ist, insbesondere wenn es mit Bentonit durchgeführt wird. Es sichert aber die Erzeugung Rotweinen mit sehr niedrigen Histamingehalten, die ansonsten leicht höhere Histamingehalte aufweisen können.
Da nahezu alle bei uns angeboteten histamingeprüften Weine vegan erzeugt wurden, wurde entweder auf die Schönung verzchtet oder es kam Bentonit zum Einsatz.
Eine Besonderheit stellen sogenannte "spontan vergorene Weine" mit sehr langer Gär- und Maischestandzeit (s.o.) dar. Diese auch als "natural Wines" bezeichneten Weine heben sich oftmals hinsichtlich Weinqualität und Ausdruckskraft besonders aus der Masse der erzeugten Weine heraus. Die Erzeugung dieser Weine bringt leider auch die Gefahr einer erhöhten Histaminproduktion mit sich. Insofern werden sich diese Weine nur in Ausnahmefällen in der Rubrik "histaminfrei" finden.
Aber dennoch kann man feststellen, dass sich die die histamingeprüften Bioweine auf solch einem hohen Qualitäts- und Geschmacksniveau befinden, dass sie auch jedem Weinliebhaber ohne HIT gefallen werden.
Ja, es gibt eine Vielzahl von Weinen, die sich durch extrem niedrige Histaminwerte auszeichnen. Diese Weine sind in jedem Fall histaminarm, können aus allergologischer Sicht aber auch als histaminfrei eingestuft werden, da die Restgehalte deutlich unter den wirksamen Mindestgehalten liegen, selbst bei Menschen mit stark ausgeprägter Histaminintoleranz.
Die Weine mit diesen extrem niedrigen Resthistaminwerten finden Sie hier in der Rubrik "histamingeprüfte Weine". Jeder dieser Weine wurde auf das Vorhandensein von Histamin in einem Analyselabor untersucht. Die Analysewerte sind bei jedem Wein angegeben.
Je nach Analyseverfahren, das verwendet wurde, liegen unterschiedliche Nachweisgrenzen vor. So erklären sich die Werte, die teilweise
Wein kann in Bezug auf Histaminintoleranz prinzipiell auf zwei Arten wirken. Zum einen über das aufgenommene Histamin und zum anderen über die Wirkung des Alkohols auf den Histaminabbau und die Durchlässigkeit der Darmwand.
Histamin welches mit dem Wein aufgenommen wird, verhält sich im Körper genau wie das körpereigene Histamin oder das Histamin aus anderen Lebensmitteln. Menschen mit Histaminintoleranz sollten also darauf achten, möglichst gering mit Histamin belastete Weine auszuwählen, um den Histaminabbau im Körper nicht zu überfordern. Dazu sind alle Weine, die Sie in der Rubrik "histamingeprüfte Weine" kaufen können, geeignet.
Der zweite Mechanismus, besteht in der Hemmung des Histamin abbauenden Enzyms DAO und der Erhöhung der Durchlässigkeit der Darmwand u.a. für Histamin durch den Alkohol. Diese Wirkung besteht natürlich auch bei histaminfreien Weinen. Über das Ausmaß lässt sich aber nur spekulieren. Scheinbar ist die Wirkung des Histamingehaltes deutlich größer als die des Alkohols, da den meisten Menschen mit HIT die histaminfreien Weine bekommen (s.u.).
Da nicht immer nur der reine Histamgehalt über die Verträglichkeit eines Weines entscheidet und es auch große individuelle Unterschiede in der Histamin-Verträglichkeit gibt, sei Ihnen in jedem Fall ein Test angeraten, ob Sie die Weine vertragen. In einem Praxistest, den das Weingut Weiss mit freiwilligen Teilnehmern, bei denen Histamin-Intoleranz diagnostiziert war, durchgeführt hat, haben 92 % der Teilnehmer die histaminfreien Weine (
Leider darf die Eigenschaft "histaminfrei" oder "histaminarm" nicht auf dem Weinetikett aufgedruckt werden, da es sich um eine sogenannte "gesundheitsbezogene Aussage" handelt. Und gesundheitsbezogene Aussagen in Zusammenhang mit alkoholischen Getränken sind nach europäischem Recht verboten. Gerade unter dem Aspekt der Histamingehalte ist das schade, da es für viele Betroffene hilfreich wäre.
Nach neuester Rechtsauslegung ist es dem Winzer aber zumindest erlaubt, die konkreten Analysewerte auf die Flasche zu drucken und ggf. durch ein entsprechendes eigenes Logo zu ergänzen.